Preisk(r)ämpfe

Wenn rundherum die Kosten steigen, bleibt der Gastronom über.
© privat

Sie sind wieder voll. In den Gastgärten drängt sich die Meute, um bei bestem Wetter Gersten- oder Traubensaft zuzusprechen. Und unter schattenspendenden Linden das lang vermisste Schnitzel zu genießen. Dafür braucht es nun allerdings etwas mehr Geduld. Denn womöglich sprintet der Gastronom ganz alleine durch den Garten, um die Bestellungen aufzunehmen, während seine Frau in der Küche das Schnitzel paniert und sein Sohn am Tresen das Bier zapft. Nicht ganz freiwillig. Neben der ganzen Tätigkeit wird auch noch fleißig nach Personal gesucht. Aber: Es kummt ned.

Die Corona-Pandemie hat auch hier ihre Spuren hinterlassen. Ewige Lockdowns, vorgezogene Sperrstunden, große Unsicherheiten aufgrund der Verkündung von Maßnahmen oftmals in letzter Sekunde ließen nicht nur die Gastronomen verzweifeln. Auch die Mitarbeiter hatten genug. Vor allem genug Zeit, einen Job zu suchen, der sich als pandemieresistenter erweist. Viele wurden fündig. Haben sich umorientiert und genießen mittlerweile ihr neues Leben. Die Arbeitgeber dagegen stehen vor einem Abgrund. Kein Personal weit und breit in Sicht. Die verzweifelte Suche nach Mitarbeitern führt zu schier skurrilen Aktionen. Ausgerechnet im Tourismus scheint sich nun die Vier-Tage-Woche durchzusetzen. Zahlreiche Betriebe, vom Restaurant Schicker bis zum 25hours Hotel, werben bereits damit. Auch an der zweiten Stellschraube wird gedreht: Das Salär befindet sich ebenso auf Höhenflug. Für gute Köche werden bis zu 6.000 Euro gezahlt. Und auch Kellner können in tourismusstarken Gegenden mit 2.000 Euro oder sogar mehr rechnen. Netto. Andere haben nach monatelanger Suche genug. Und werfen das Handtuch. Wie etwa das Rosencafé in Salzburg, das nach vielen Jahren einfach kein Personal mehr findet. Die Witzplattform Tagespresse bringt’s auf den Punkt: Gastronom rettet sich, indem er die Gäste alles selber machen lässt. Kochen, servieren, Geschirr abwaschen. Im Humor, so heißt es, steckt das stärkste Quantum Wahrheit. So weit sind wir gekommen. Doch in den letzten Tagen mehren sich die Attacken auf die Gastronomen. Ein Liter Wasser koste schon vier Euro, die Preise würden gewaltig steigen. Woher nehmen die sich das Recht heraus? Das darf und kann doch nicht sein!

Irgendwie ist das Ganze schon paradox: Im Handel steigen die Preise, Lebensmittel werden knapp, die Personalkosten explodieren, die Förderungen bleiben aus, die Regierung taumelt im Zickzack-Kurs durch das Thema: „Haben wir jetzt noch eine Pandemie oder haben wir keine mehr?“ Siehe die Ansprache des Bundeskanzlers am ÖVP-Parteitag. Und die Gastronomen sollen jetzt ernsthaft die Einzigen sein, die ihre Preise nicht der Situation, insbesondere der auf über sieben Prozent gestiegenen Inflation, anpassen dürfen?

Dabei wird ohnehin nur mehr knappest kalkuliert. Die Energiekosten sind um das Zwei- bis Dreifache gestiegen, die Milchprodukte setzen zum Höhenflug an, Obst und Gemüse haben kräftig zugelegt und auch das Fleisch gibt’s kaum mehr zum Spottpreis. Transport und gestiegene Gehälter sind da noch gar nicht eingerechnet. Juliane Lindner, Besitzerin des Frühstücks- und Mittagslokals „Frau Jot“ in Spittal an der Drau, bringt das Problem auf den Punkt: „Wenn man um drei Euro raufgeht, dann kommt keiner mehr.“ Also geht es nur in kleinen, langsamen Schritten voran. Um die Gäste nicht zu verschrecken. Die Marge wird halt kleiner. Oder fällt ganz weg.

Und dann gibt es noch ein paar Eigenheiten. Wie etwa das Speiseöl. Zum Braten, Backen und Frittieren. Bis jetzt ein unverzichtbares Produkt in jeder heimischen Küche. Doch ein Blick in den Supermarkt zeigt dem Laien: Mit der Panier sollte man fortan ein wenig sparen.Der Profi dagegen muss sein Organisationstalent auspacken. Die Preise für Raps- und Sonnenblumenöl haben sich nicht nur verdoppelt – dieser Grundstoff der heimischen Küche wurde auch noch rationiert. Wer von der Panier lebt, muss andere Wege finden, um sich einzudecken. 

Dem Gast bleibt der Unbill in einem guten Restaurant verborgen. Der genießt den guten Service und die freundliche Atmosphäre. Um dann herumzujammern, wenn die Rechnung plötzlich um drei Prozent mehr ausmacht. Vielleicht sollten auch einmal die Gastronomen lauter jammern. Schreien wegen der wackeligen Lieferketten. Die Hände über dem Kopf zusammenschlagen ob der steigenden Energiepreise. Auf den Tisch hauen beim Anblick der Gehaltsforderungen. 

Vielleicht werden dann auch die Gäste einsichtiger. Und verstehen endlich, dass sich hier nicht jemand auf ihre Kosten bereichern will. Sondern die drastisch gestiegenen Preise – und das auch nur zum Teil – weitergibt. Und wertschätzen, dass sich überhaupt noch jemand diese Branche antut.

Ihr

Christian W. Mucha

Herausgeber 

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