Machtprobe am heimischen Biermarkt vor Gericht
Die Brau Union muss sich wegen möglichem Missbrauch ihrer Marktmacht vor Gericht verantworten.

Ein ehemaliger Getränkehändler spricht von Versprechen, die nie gehalten wurden. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sieht ein ganzes System wettbewerbswidriger Praktiken. Und das Kartellgericht verhandelt weiter: Seit Ende Mai läuft ein aufsehenerregender Prozess gegen Österreichs größten Bierproduzenten – die Brau Union, Tochter des niederländischen Heineken-Konzerns.
Vorwurf: Marktmacht missbraucht
Die BWB hat beim Kartellgericht einen Antrag auf die Verhängung einer empfindlichen Geldbuße gestellt. Die zentrale Anklage lautet auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung – ein schwerwiegender Vorwurf, der nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen könnte.
Konkret geht es um eine Reihe mutmaßlich wettbewerbswidriger Praktiken:
- Kopplungsgeschäfte: Der Verkauf eines Produkts soll an den Bezug weiterer Produkte gebunden gewesen sein.
- Exklusivitätsklauseln: Einzelne Händler seien gedrängt worden, fast ausschließlich Brau-Union-Biere zu führen.
- Datenaustausch mit Mitbewerbern: Laut BWB könnten sensible Marktdaten unzulässig weitergegeben worden sein.
- Einschränkung regionaler Händler: Kleinere Getränkehändler berichten von wirtschaftlicher Abhängigkeit und „Kontrolle“.
Ein Getränkehändler aus Niederösterreich schilderte etwa in Profil, wie sehr er über Jahre hinweg auf Zusagen der Brau Union vertraut habe – etwa auf den versprochenen Kauf eines Lagers in Schrems und eine exklusive Belieferung des Kamptals. Beide Zusagen seien jedoch nie eingelöst worden. Der Zeuge machte deutlich, dass sein Unternehmen ohne die Brau Union wirtschaftlich nicht überlebensfähig gewesen sei – nicht aus Partnerschaft, sondern aus Abhängigkeit. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Mögliche Konsequenzen
Sollte das Gericht den Vorwürfen folgen, droht der Brau Union eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent des Konzernumsatzes. Da es sich um ein Tochterunternehmen des Heineken-Konzerns handelt, könnte auch der Umsatz des Mutterhauses für die Berechnung herangezogen werden – laut Schätzungen wäre damit eine Strafhöhe im dreistelligen Millionenbereich möglich.
Noch schwerer wiegen könnte aber der Imageschaden: Österreich gilt als Bierland mit starker Regionalmarkenbindung. Der Vorwurf, kleinere Anbieter verdrängt und den Markt kontrolliert zu haben, könnte dem Vertrauen schaden – nicht nur bei Partnerbetrieben, sondern auch bei Konsumenten.
Wie reagiert die Brau Union?
Der Konzern weist die Vorwürfe zurück und spricht von einem Missverständnis. Es habe sich bei den beanstandeten Praktiken um „branchenübliche Kooperationsmodelle“ gehandelt, die keineswegs kartellrechtswidrig seien. Die beanstandeten Absprachen würden zudem keine Auswirkungen auf Endverbraucherpreise haben, so das Unternehmen.
Der Prozess wird in den kommenden Wochen fortgesetzt. Ein Urteil ist frühestens im Herbst 2025 zu erwarten.
(red)