No Shows: Das stille Risiko der Gastronomie

Wie Gastronomiebetriebe mit dem Problem geplatzter Reservierungen umgehen, zeigt unser Branchenblick.

03.06.2025 14:23
Redaktion
© Adobe
Wenn die bestellten Plätze leer bleiben... (Symbolbild)

Ein traditionsreicher Mai-Sonntag, ein voller Terminkalender für viele Gasthäuser – und plötzlich: leere Tische. Im Salzkammergut blieben jüngst gleich drei große Gruppen aus, die für eine gemeinsame Feier nach der Erstkommunion Plätze reserviert hatten. Ohne abzusagen. Ohne Erklärung. Der Wirt spricht von einer Warteliste voller enttäuschter Gäste – und von einem Vertrauensverlust, der Konsequenzen haben muss.

Einzelfall? Keineswegs. FM hat sich bei bekannten Gastronomiebetrieben umgehört, welche Maßnahmen gegen sogenannte No Shows bereits etabliert sind – und welche Formen der Reservierung überhaupt noch akzeptiert werden.

„Ohne Kreditkarte keine Reservierung.“
So bringt es Andreas Senn, Betreiber des SENNS.Restaurant in Salzburg, auf den Punkt. Der Zwei-Sterne-Koch setzt auf ein digitales System mit klarer Konsequenz: „Wer nicht kommt, wird trotzdem verrechnet – 150 Euro pro Person.“ Die Kreditkarte wird beim Reservieren online hinterlegt. Als technischer Partner kommt die Schweizer Firma aleno zum Einsatz, die neben automatisierter Verwaltung auch DSGVO-konformes Marketing ermöglicht. Der Erfolg gibt Senn recht: „In den letzten drei Jahren hatten wir nur zwei No Shows.“

Salzburger Starkoch eröffnet im Salzburger Gusswerk die SENNS.Bar
Spitzenkoch Andreas Senn (rechts) mit Sommelier Thomas Kracher. | © Philipp Lihotzky

„Na mein Gott, wir werden’s überleben.“
Ganz anders der Umgangston in einem der traditionsreichsten Häuser Niederösterreichs. Peter Großmann, Gastgeber im Marchfelderhof, sieht das Thema mit pragmatischem Blick: „Natürlich gibt’s auch bei uns gelegentlich Ausfälle – aber wir haben 300 Sitzplätze. Das geht sich meistens aus.“ Trotzdem wurde ein mehrstufiges Reminder-System für Onlinebuchungen eingeführt. Eine Kreditkartenpflicht? „Kommt für uns nicht infrage.“ Bei großen Gruppen erinnert ein Mail höflich an die Verantwortung der Gäste. Darin werden Stornogebühren zwar in Aussicht gestellt jedoch nicht eingefordert.

Peter Großmann vom Marchfelderhof bei der Spargelgala 2025
Peter Großmann (links) vom Marchfelderhof bei der Spargelgala 2025 | © Conny de Beauclair

„Wir machen keinen Unterschied zwischen Telefon, Mail oder Online.“
Der Chef der Figlmüller Group mit mehreren Wiener Lokalen, setzt auf Vertrauen – bewusst ohne Sicherheiten. Thomas Figlmüller: „No Shows machen bis zu zehn Prozent aus und stellen ein reales Problem dar“, räumt er ein. Trotzdem wird auf die Angabe von Kreditkarten verzichtet: „Wir möchten unseren Gästen den Besuch so unkompliziert wie möglich machen.“ Ein Balanceakt in Zeiten verschärften Wettbewerbs.

Thomas Figlmüller
Thomas Figlmüller | ©  leisure communications

„Bei großen Gruppen wird’s heikel.“
Der Betreiber des Lokals Paul&Worthmann am Wiener Kutschkermarkt, Paul Rittenauer, unterscheidet zwischen spontanen Reservierungen und langfristiger Planung. „Wir halten den Tisch rund 15 Minuten offen und besetzen dann neu.“ Wer frühzeitig buchen will, muss per Mail kommunizieren. Eine Absicherung per Kreditkarte lehnt Rittenauer ab – das sei in Österreich nicht üblich und schade eher der Kundenbindung. Dennoch ist er sich der Problematik bewusst: „Bei größeren Gruppen wirkt sich ein No Show von Einkauf bis Personalplanung sehr unangenehm aus.“

Gastronom Paul Rittenauer | © JPR Entertainment

„Schlechtwetter ist unser größter Feind.“
Auch im traditionsreichen Schweizerhaus im Wiener Prater kennt man das Problem. Geschäftsführer Karl Kolarik erklärt: „Ein No Show ist zum Glück die Ausnahme – aber wenn er passiert, dann schmerzt es, weil wir Gäste vorher schon abweisen mussten.“ Besonders bei großen Gruppen wird aktiv nachtelefoniert. Ein SMS-System zur Bestätigung und Erinnerung hilft, die Ausfälle zu minimieren. An eine Kreditkartenpflicht denkt man – will aber derzeit noch auf freiwillige Kommunikation setzen.

Schweizerhaus Geschäftsführer Karl Kolarik
Schweizerhaus Geschäftsführer Karl Kolarik | © leisure communications

„Wir wollen keinen Stress erzeugen, sondern Gastlichkeit.“
Roman Moeller vom Wiener Chalet Moeller setzt auf ein klares Prinzip: Vertrauen statt Druck. Rund 90 Prozent der Gäste halten ihre telefonischen Reservierungen verlässlich ein – zumindest im regulären Betrieb. An Feiertagen wie Muttertag sei die Lage allerdings deutlich heikler, räumt Moeller ein: „Da steigt das Risiko kurzfristiger Absagen.“ Eine Kreditkarte will er trotzdem nicht verlangen – allein der Hinweis darauf könne Gäste verunsichern. Stattdessen erinnert das Team an stark gebuchten Tagen aktiv an Reservierungen und kontaktiert Gäste persönlich. „So schaffen wir Verbindlichkeit auf freundliche Weise.“

Roman Moeller vom Restaurant “Chalet Moeller” in Wien, 14

Reserviert, aber nie erschienen

Der Umgang mit No Shows bleibt ein Drahtseilakt: Während Spitzenbetriebe mit wenigen Tischen auf verbindliche Buchungen mit Kreditkarte setzen, vertrauen viele Traditionslokale weiterhin auf Kulanz, Höflichkeit und Erinnerungssysteme. Was in kleinen Betrieben mit hoher Nachfrage möglich ist, lässt sich in großen Häusern nicht immer umsetzen – zumal die Hemmschwelle zur Kreditkartenhinterlegung hierzulande nach wie vor hoch ist.

FM bleibt am Thema dran.

(red)

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Weitere Themen