Café Stein: Von der Subkultur zur Institution

Wiener Jugendkultur, Rauchschwaden und Perrier – einst Underground mit Klasse, heute ein Lokal mit Geschichte.

13.06.2025 13:44
Redaktion
© Margherita Krischanitz
Das Café Stein in den 80er-Jahren

Anfang der 1980er-Jahre war Wien in Bewegung. Mods trafen auf Popper, Römer auf Skins, und am Rand formierte sich die schwarze Silhouette der Gruftis. Wer zur Szene gehören wollte, ging ins Stein. Das neu eröffnete Lokal an der Währinger Straße, vis-à-vis der Votivkirche, war kein Altwiener Salon, sondern ein modernes Kaffeehaus mit Stil – urban, konturiert, mondän. Man trank Perrier, rauchte Zigaretten und diskutierte zwischen kleinem Braunen und einem Achterl Rot über Gott und die Welt. Wer im Stein saß, wollte Sehen und Gesehenwerden.

Ossi Schellmann mit Sängerin Zoë Straub und Musiker Christof Straub beim Jubiläumsevent. | © Moni Fellner

Das Café Stein war schon bei seiner Eröffnung 1985 mehr als nur ein Ort – es war ein Statement. Der Mann hinter dem Konzept: Oswald „Ossi“ Schellmann. Bekannt als Betreiber des Szeneclubs U4, schwenkte er mit dem Café Stein auf Tagesbetrieb um – ohne seinen Anspruch an Stil und Kultur preiszugeben. Was einst ein Waschsalon war, wurde durch die Zusammenarbeit mit Architekt Gregor Eichinger zum Treffpunkt für Studierende, Kreative und Nachtschwärmer. „Wir waren das erste Café in Wien, in dem es zwei Kaffeemarken gab – eine italienische und eine Wiener Mischung“, erinnert sich Schellmann. Auch das Frühstück bis 22 Uhr war ein Bruch mit Konventionen – ein Vorgriff auf das, was heute als urbane Selbstverständlichkeit gilt.

Eine Bühne für alles, was lebt

Von Beginn an nutzte Schellmann das Stein auch als Plattform für kulturelle Experimente: Lesungen, Ausstellungen, Performances, FM4-Events, Modeaktionen. Das Publikum war so divers wie das Programm – Frühaufsteher, Bohemiens, Büroangestellte, Nachtschwärmer. Legendär ist bis heute die Eröffnungsparty um vier Uhr früh, bei der U4-Gänger auf die ersten Pendler trafen.

Marcel Gega (Betreiber) mit Niki Osl und Lucia Sisic. | © Moni Fellner

40 Jahre später beging das Café Stein runden Geburtstag. Die Gästeliste am Feiertag: Eva Pölzl, Maggie Entenfellner, Zoë Straub, Adi Hirschal, Hans Mahr, Christian Ludwig Attersee, Rudi Nemeczek – sie kamen, um Erinnerungen aufleben zu lassen. Ossi Schellmann trat ebenfalls auf, wenn auch nicht mehr als Betreiber. Seit 2003 ist das Lokal in neuen Händen, aktuell geführt von Marcel Gega. Es zeigt sich weiterentwickelt: Der große Gastgarten mit Votivkirchenblick, das Stein’s Diner im Untergeschoss und ein kulinarisches Angebot, das vom Frühstück bis zu den späten Drinks reicht, machen das Café weiterhin zu einem gutbesuchten Treffpunkt im 9. Bezirk.

(red)

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