Mozartkugelmythos auf dem Prüfstand

Ein historischer Fund wirft neue Fragen zur Urheberschaft der Mozartkugel auf.

04.09.2025 16:21
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Historiker Gerhard Ammerer entdeckte ein Inserat, dass die Geschichte der Mozartkugel in Frage stellt.

In Salzburg ist erneut eine Debatte um die Urheberschaft der berühmten Mozartkugel entbrannt. Die Konditorei Fürst, die seit Jahrzehnten mit der Erfindung der „Original Salzburger Mozartkugel“ durch Paul Fürst im Jahr 1890 wirbt, sieht sich mit neuen historischen Erkenntnissen konfrontiert. Der Historiker Gerhard Ammerer fand ein Zeitungsinserat aus dem Jahr 1881, das für „Salzburger Spezialität Mozartkugeln – handgefertigt von R. Baumann, Conditor, Salzburg“ wirbt. Baumanns Geschäft gilt als Vorgänger der heutigen Confiserie Holzermayr am Alten Markt.

Kontrahenten und ihre Positionen

Diese Entdeckung stellt die bisherige Legendenbildung infrage und könnte die Geschichte der Mozartkugel neu schreiben, so Ammerer. Der Fund legt nahe, dass die süße Spezialität möglicherweise bereits fast ein Jahrzehnt vor Fürsts Erfindung bekannt war. Alexander Truschner, Urenkel von Josef Holzermayr, äußerte sich gegenüber der „Presse“, dass aufgrund der neuen Belege die Geschichte der Mozartkugel neu bewertet werden müsse. Er hat bereits juristische Experten konsultiert und schließt rechtliche Schritte nicht aus. Demgegenüber hält Martin Fürst, aktueller Betreiber der Konditorei Fürst, an der traditionellen Erzählung fest: Paul Fürst habe die „Original Salzburger Mozartkugel“ erfunden, die Vorlage für alle späteren Nachahmungen. Für ihn bleibt die Bezeichnung „Mozartkugel“ und das Produkt selbst eng mit seiner Familie verbunden.

Markenrechtlicher Streit

Der Streit um die Mozartkugel ist keineswegs neu: Bereits 2017 entschied der Oberste Gerichtshof zugunsten der Konditorei Fürst gegen die Manufaktur Braun Punkt, die ihre Mozartkugeln in einer Verpackung ähnlich der von Fürst anbot. Der Schutz von Marken und Herkunftsbezeichnungen spielt in Salzburg eine wichtige Rolle – auch wirtschaftlich. Mit dem neuen Fund könnte eine weitere juristische Auseinandersetzung folgen. Während Truschner die Chancen einer Neubewertung sieht, bleibt Fürst zuversichtlich: „Sollte es zu einer freien Beweisführung kommen, haben wir viel in der Hand.“

Süßer Mythos in Bewegung

Ob nun Fürst oder Baumann die Erfindung wirklich beanspruchen können, wird wohl erst die Zukunft zeigen – und vielleicht einige Gerichtssäle füllen. Eines steht jedenfalls fest: So süß die Kugel auch ist, der Streit darum bleibt bitter – und sorgt weiter für Zündstoff zwischen den Confiserien. Zugleich wirft der Konflikt ein Schlaglicht auf die Bedeutung von Herkunft, Authentizität und geschicktem Marketing in der Welt traditioneller Spezialitäten. Die Mozartkugel bleibt somit nicht nur ein Genussmittel, sondern auch ein Symbol für kulturelles Erbe und wirtschaftliche Interessen.

(PA/red)

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