Klimawandel bedroht Europas Skigebiete

Eine französisch-österreichische Forschungskooperation beleuchtete den Schneemangel infolge steigender Temperaturen.
Pixabay

Trotz Beschneiung werden viele Gebiete an ihre Grenzen stoßen

Wärmere Temperaturen durch den Klimawandel werden in den kommenden Jahrzehnten wohl massive Auswirkungen auf europäische und natürlich auch österreichische Skigebiete haben. Mehr als die Hälfte von 2.234 analysierten europäischen Skigebieten wird bei einer globalen Erwärmung um zwei Grad Celsius ein „sehr hohes Risiko“ einer unzureichenden natürlichen Schneeversorgung haben. Bei vier Grad Celsius sind fast alle Skigebiete betroffen, geht aus einer neuen Studie hervor.

Europa ist der größte Skitourismusmarkt der Welt, mit rund 50 Prozent aller Skigebiete weltweit und mehr als 80 Prozent der weltweiten Skigebiete, die mehr als eine Million Skifahrer pro Jahr besuchen. Die Skitourismusbranche spielt daher in vielen europäischen Bergregionen eine wichtige wirtschaftliche Rolle. Doch der Rückgang der Schneedecke infolge des Klimawandels beeinträchtigt die Skigebiete auf dem gesamten Kontinent und führt zu einem dramatischen Anstieg der Tage, an denen Skifahren nicht möglich ist. Daher greifen Skigebiete zunehmend auf Beschneiung zurück. Allerdings ist deren Wirksamkeit sehr unterschiedlich und ihr Einsatz in Berggebieten umstritten.

Die vorliegende Studie wurde unter anderem von Hugues François vom französischen Institute for Agriculture, Food and Environment sowie Franz Prettenthaler von Joanneum Research in Graz in Kooperation mit der Universität Grenoble Alpes und dem Meteo France erstellt und im Nature Climate Change veröffentlicht. Es wurden die 2.234 Skigebiete von 28 europäischen Ländern analysiert und auch das Potenzial und die Auswirkungen der künstlichen Beschneiung unter die Lupe genommen.

Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter stellten fest, dass 53 Prozent der europäischen Skigebiete einem „sehr hohen Risiko“ einer unzureichenden Schneeversorgung bei einer globalen Erwärmung von zwei Grad Celsius ausgesetzt sein werden. Bei vier Grad Celsius – und dieses Szenario kann laut Prettenthaler derzeit noch nicht ausgeschlossen werden – sind 98 Prozent der Skigebiete betroffen.

Es gibt aber regional große Unterschiede: Während in zumindest in einigen wenigen Skigebieten in Österreich, der Schweiz, Frankreich und in den nordischen Ländern selbst bei vier Grad Erwärmung noch Skisport möglich sein würde, sieht es für andere Gebiete wie etwa den Apenninen in Italien, den iberischen Bergen oder auch in Großbritannien „schon sehr viel früher sehr schlecht aus“, so der Grazer Wissenschafter im APA-Gespräch.

Die Forscher haben neben dem natürlichen Niederschlag aber auch den Faktor Beschneiung berechnet: Wenn die Hälfte der Fläche der Skigebiete beschneit werden können, verringert sich der Prozentsatz des Risikos zwar, aber immer noch sind bei einem Plus von zwei Grad Celsius 27 Prozent der europäischen Skigebiete und bei vier Grad Celsius 71 Prozent von einem sehr hohen Schneemangel-Risiko betroffen.

Die Erzeugung von Kunstschnee erhöht allerdings auch den Bedarf an Wasser und Strom und bringt damit zusätzliche CO2-Emissionen mit sich, die die globale Erwärmung wohl weiter antreiben. Außerdem ist eine Beschneiungsanlage noch keine Garantie dafür, dass diese bei Bedarf eingesetzt werden kann – beispielsweise wenn die Temperaturen zu hoch sind, und genau dieser Effekt wurde erstmals flächendeckend mitberücksichtigt. Insgesamt bleibe der Beitrag zu den CO2-Emissionen durch Beschneiung nur ein relativ kleiner im gesamten Wintertourismus. Beherbergung und Anreise stoßen weit mehr Emissionen aus: „Die Beschneiung wird da meist überschätzt, aber ohne sie wäre wiederum wohl vielerorts überhaupt kein Wintertourismus möglich“, so Prettenthaler.

Der Grazer Forscher geht davon aus, dass sich Beschneiung daher wirtschaftlich noch sehr lange rentieren wird, ob das auch ökologisch so lange sinnvoll ist, sei zu diskutieren. Er sieht außerdem bereits erste Opfer des bisherigen Klimawandels, denn viele kleine Skigebiete ohne Beschneiung hätten bereits den Betrieb eingestellt.

Konkret auf Österreichs Skigebiete angesprochen, meinte Prettenthaler, dass sich viele bereits für einen Temperaturanstieg um zwei Grad Celsius „sicher gemacht“ hätten. „Österreich hat auch relativ früh auf Beschneiung gesetzt und damit einige Skigebiete retten können.“ In Österreich wurden für die Studie 294 Skigebiete mit zusammen 221 Quadratkilometer Fläche analysiert. Es stellte sich heraus, dass bei zwei Grad Erwärmung plus 50-prozentiger Beschneiung trotzdem etwa drei Prozent der österreichischen Skigebiete ein hohes Risiko an Schneearmut haben werden. Bei drei Grad sind es 13 Prozent und bei vier Grad wären 38 Prozent der österreichischen Skigebiete von einem sehr hohen Risiko an Schneemangel betroffen, trotz Beschneiungsanlagen.

Die Autoren betonen zwar, dass die Vorhersagen zur Beschneiung auf vereinfachten Annahmen basieren und ihre Ergebnisse nicht als endgültig angesehen werden sollten. Dennoch bieten sie Möglichkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Skitourismusbranche besser zu berücksichtigen. Im übrigen sei nicht jeder schneearme Winter auf den verstärkten Klimawandel der vergangenen Jahrzehnte zurückzuführen: Schon in den Jahren 1961 bis 1990 war einer von fünf Wintern schneearm. Steigt die Temperatur um zwei Grad Celsius, werden es aber schon zwei von fünf sein, bei drei Grad schon drei von fünf Wintern und bei vier Grad Celsius wären vier von fünf Wintern schneearm. An einen wirtschaftlichen Skibetrieb sei da ohne Beschneiung in 99 Prozent der Skigebiete nicht mehr zu denken, so Prettenthalers Fazit.

 

apa

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