Kein „Marktraum“ für Naschmarkt-Gastronomie
Im überdachten Marktbereich gibt es eine Rückbesinnung auf die Nahversorgung mit frischen Lebensmitteln.

Während der Asphalt auf dem ehemaligen Naschmarkt-Parkplatz verschwindet und 80 neu gepflanzte Bäume den „Naschpark“ beschatten werden, nimmt auch östlich der Kettenbrücke ein völlig neues Kapitel Marktkultur Gestalt an. Mit dem neuen „Marktraum“ entsteht ein überdachter Marktbereich, der sich nicht nur architektonisch vom Altbestand abhebt, sondern auch inhaltlich neue Wege geht – insbesondere in Bezug auf das gastronomische Angebot.
Mehr Produzenten, weniger Gastronomie
Insgesamt 13 Stände wurden öffentlich ausgeschrieben und nach einem sorgfältigen Auswahlverfahren vergeben. Der Anspruch: keine Wiederverkäufer, keine uniformen Angebote, keine Massenware. Märktestadträtin Ulli Sima betont: „Wir wollten bewusst kein ‚more of the same‘ – stattdessen gibt es nun Produzent*innen, die selbst in Wien oder im Umland herstellen.“

Und das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Gastronomie: Lediglich ein Standplatz wurde für gastronomische Nutzung vergeben. Unter dem Label „brutal gut Gastronomie“ wird dort ein kulinarisches Konzept realisiert, das auf Fermentiertes, Drinks und kleine saisonale Speisen setzt – stets unter Verwendung der Produkte der übrigen Standler*innen. Klassische Gastroangebote oder gar Imbisscharakter? Fehlanzeige.
Marktbar statt Gastromeile
Die Entscheidung für ein zurückhaltendes Gastronomie-Konzept ist Teil einer umfassenden Neuausrichtung des Naschmarkts. Die Rolle der Gastronomie ist dabei eine flankierende – keine tragende mehr. Künftig dominieren Frischware und Eigenproduktion.
Flankiert wird der Wandel durch eine Novelle der Marktordnung, die ein klares Ziel verfolgt: die Rückbesinnung auf den ursprünglichen Marktzweck – die Nahversorgung mit frischen Lebensmitteln. Produkte wie Wasabi-Nüsse, Souvenirs oder Billig-Krimskrams sollen mit Übergangsfristen vom Markt verschwinden. Ein Einschnitt, der auch bestehende Gastroanbieter am Naschmarkt mittelfristig zu Anpassungen zwingen könnte.
Frische Schauküche
Der neue Marktraum soll jedoch keineswegs ein stummer Ort des Handels sein: Eine offene Schauküche, ein begrüntes öffentlich zugängliches Dach mit Blick über den historischen Naschmarkt und ein Workshop-Raum mit Kochfunktion stehen ebenso bereit. Letzterer wird gezielt für Brotbackkurse, Koch-Workshops oder kreative Bildungsangebote genutzt – etwa für Schulklassen. Auch hier wird Gastronomie als Bildungs- und Vermittlungsraum verstanden, nicht als primäres Geschäftsfeld.
Qualität vor Konsum
Die Neugestaltung des Naschmarkt-Areals bedeutet für die Wiener Gastronomie eine Zäsur. Der neue Marktraum gibt klar jenen Produzent den Vorzug, die mit Qualität, Herkunft und Transparenz überzeugen – nicht mit Gastrokonzepten oder Eventgastronomie. Gefördert wird ein Marktumfeld, das nicht auf Konsumzwang, sondern auf bewusstes Einkaufen und kulinarische Bildung setzt.
(PA/red)