Tourismus-Kurse für Ukrainerinnen in Vorarlberg stehen in der Kritik

Teilnehmende werfen Tourismus-Spartenobmann vor, sie als Putzkräfte ausgenutzt zu haben
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ÖGB, SPÖ und Grüne zeigen sich schockiert von den Vorwürfen der Ausbeutung

Wie “Der Standard” berichtete, sollen aus der Ukraine Geflüchtete im Zuge von öffentlich geförderten Tourismus-Kursen als Putzkräfte ausgebeutet worden sein. Nun prüft die Staatsanwalt die Vorwürfe gegen Tourismus-Spartenobmann Markus Kegele. Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) verlangte in einer Aussendung Aufklärung, ebenso die SPÖ, die eine Anfrage an den zuständigen Tourismus-Landesrat Christian Gantner (ÖVP) stellte. Gegenüber der APA wies Kegele sämtliche Anschuldigungen zurück – diese seien haltlos.

In mehrwöchigen Lehrgängen, die Housekeeping-, Koch- oder Servicekurse beinhalteten, sollten die Teilnehmenden – vor allem Frauen – auf eine Anstellung im Tourismussektor vorbereitet werden. Die 2.800 bis 5.400 Euro teuren Kurse bezahlte das AMS. Das Geld ging laut dem Bericht zu einem Viertel an das Wifi, 75 Prozent erhielt die GmbH Kegeles, in dessen Hotel die aus der Ukraine Geflüchteten während des Kurses wohnten. Mehrere Absolventen behaupten laut “Der Standard” nun, dass sie während und nach den Kursen in dem Hotel, der dazugehörenden Hütte, in Chalets und in einer Reinigungsfirma ohne Arbeitsverträge unter anderem stundenlang zum Putzen herangezogen worden seien und teilweise monatelang warten mussten, bis sie Geld für ihre Arbeit bekamen. Eine Sachverhaltsdarstellung liege der Staatsanwaltschaft Feldkirch vor, diese werde geprüft, bestätigte ihr Sprecher Heinz Rusch, ohne auf den Inhalt einzugehen.

Kein Verständnis seitens Kegele und beim Wifi

Im Gespräch mit der APA zeigte sich Kegele schwer getroffen. Die Vorwürfe seien “haltlos, anonym und nicht gerechtfertigt’. Man habe es 2022 besser machen wollen als 2015 und versuchte aus der Ukraine Geflüchteten bei der Integration zu helfen, zugleich wollte man den Arbeitskräftemangel im Tourismus lindern. Binnen kürzester Zeit hätten die Beteiligten, darunter das AMS und das Wifi, den “ganz transparenten Kursaufbau” auf die Beine gestellt. An den bisher fünf Kursen nahmen laut Kegele 303 Personen teil, 290 davon seien nun in einem Arbeitsverhältnis. Die Teilnehmenden hätten damit einen Beitrag zu einer erfolgreichen Sommersaison geleistet und der heimischen Wirtschaft geholfen. Bei Missständen hätten kaum so viele erfolgreich teilgenommen, war sich Kegele sicher. “Das muss ein Einzelfall sein”, vermutet er. Nachprüfen lasse sich das Ganze aufgrund der bisher wenig konkreten Angaben nicht.

“Jeder wusste, worauf er sich einließ”, so der Hotelier, der darauf verwies, dass in den zweisprachigen Kursunterlagen klar von “praktischen Übungen” zu lesen war. Anders als für das Putzen daheim brauche es für das Housekeeping nach österreichischen Hygiene-Standards sehr wohl Schulung und Praxis. Die Kurse wurden gedolmetscht, auch Deutschkurse gehörten zum Programm. Von “Ausnutzen” könnte nicht die Rede sein, denn die Teilnehmenden hätten in Hotelzimmern gewohnt, es habe beste Verpflegung und einen Wäscheservice gegeben, zudem seien die Kursleiter Ansprechpartner für alle Anliegen gewesen. Er sei “entsetzt, dass das positive Engagement so vieler nun so schlecht gemacht wird, wir fühlen uns angepatzt”, so Kegele. Eine Prüfung durch die Staatsanwaltschaft begrüße er: “Wir sind da sehr gelassen und haben nichts zu verbergen”. Kein Verständnis für die Vorwürfe zeigte man auch beim Wifi. “Das war ein gutes Projekt. Wir haben die Ausbildung nach bestem Wissen und Gewissen begleitet”, zitierte die “Neue Vorarlberger Tageszeitung” Institutsleiter Thomas Wachter. Tourismus-Landesrat Christian Gantner (ÖVP), der sich im Juli ein Bild von dem “Erfolgsprojekt” gemacht hatte, erklärte gegenüber der Zeitung, dass damals nichts auf Ungereimtheiten hingedeutet habe.

Kein Platz für Ausbeutungsmodelle

Auch die interimistische SPÖ-Klubobfrau Manuela Auer verlangte in einer Landtagsanfrage Aufklärung von Gantner – vor allem was den “Förder-Segen” für die Verantwortlichen angeht. Man sei der klaren Ansicht, dass in Vorarlberg “Geschäftsmodelle keinen Platz haben dürfen, die auf Ausbeutung beruhen”, dieses Bekenntnis fordere man auch von der Landesregierung.
“Das Bild, das sich hier ergibt, ist katastrophal. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, ist ein Rücktritt Kegeles unausweichlich”, so die Grünen-Tourismussprecherin Nadine Kasper. “Die Tourismusbranche ist seit über zwei Jahren stark angeschlagen. Dass nun scheinbar Kegele ein Projekt mitinitiiert hat, von welchem insbesondere er selbst profitiert, macht alles andere als ein gutes Bild und stellt einen schweren Imageschaden für die gesamte Branche dar”, befand Kasper.

Der ÖGB zeigte sich “schockiert”. “Ich verlange die sofortige Einstellung dieses ‘Arbeitsprojekts’, bis die Vorwürfe vollständig aufgeklärt sind”, so ÖGB- und vida-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, müssten Fördergelder zurückgezahlt werden und die Wirtschaftskammer müsste sich überlegen, wer für sie als Spitzenfunktionär die Branche vertrete. Im jahrelangen Kampf von Gewerkschaft und WKV um ein besseres Image von Tourismus und Gastronomie als Arbeitgeber seien die Vorwürfe “herbe Rückschläge”, so Stemmer.

 

APA/ Red.

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