Das Auge isst mit

Zeigt her eure Teller: Speisen ins rechte Licht zu rücken ist gar nicht so einfach. Wir haben bei Österreichs Foodstylisten nachgefragt, worauf es dabei ankommt und wie man eigentlich zu so einem Job kommt.
© Michael Stelzhammer

Das Brathähnchen glänzt appetitlich, Obst und Gemüse sehen makellos aus. Egal ob in Kochbüchern, Prospekten, auf Werbetafeln oder auf der Verpackung – die Speisen sind meisterhaft angerichtet, jedes Detail sitzt perfekt. Bekommt man sein Essen an den Tisch, ist die Mahlzeit allerdings kaum wiederzuerkennen. 
Grund für diese Diskrepanz sind sogenannte Foodstylisten. Ihre Aufgabe ist es, Speisen „herauszuputzen“ und perfekt in Szene zu setzen, sodass dem Betrachter das Wasser im Mund zusammenläuft. Immerhin zählt der erste Eindruck, und gerade bei Lebensmitteln entscheiden Sekunden über die Kaufentscheidung. Spätestens seit auf Instagram und Co. der Trend ausgebrochen ist, sein Essen zu fotografieren, versuchen wir doch alle selbst auch hin und wieder, den eigenen Teller aufzuhübschen und perfekt abzulichten – ein Basilikum-Blättchen hier, ein Pesto-Klecks da. Bei Foodstylisten wird hier mit allen möglichen Tricks gespielt, damit Lebensmittel so appetitlich wie möglich aussehen. Ein kleiner Pinsel und ein bisschen Olivenöl sorgen für den richtigen Glanz, kleine Wassertropfen aus der Sprühpistole lassen das Produkt frisch aussehen.

Ausgangspunkt Gastronomie

Das Wiener Foodstylisten-Duo Valentino Brienza und Luisa Martini von Brima Foodstyle hat es sich zum Beruf gemacht, diese Aufgabe umzusetzen. Brienza und Martini arbeiten hauptsächlich für Food-Werbung im TV und für Printmedien, machen das Foodstyling der Fotos für Zeitschriften, Bücher, Homepages sowie Social Media und perfektionieren Lebensmittel für Abbildungen auf Verpackungen, erstellen aber auch selbst Rezepte. Beide haben jahrelang in der Spitzengastronomie gearbeitet – Luisa als Konditormeisterin, Valentino als Koch. Nach der Veröffentlichung des neuen Sacher Kochbuchs, an dem Martini durch ihre Tätigkeit im Hotel vor einigen Jahren maßgeblich beteiligt war, und schließlich ihres eigenen Kochbuchs beschlossen die beiden, der Gastronomie den Rücken zu kehren und sich als Foodstylisten selbstständig zu machen. Dabei übernimmt Martini hauptsächlich den Süßspeisenteil sowie Gebäcke, Getränke, kalte Gerichte und Vorspeisen. Brienza hingegen kümmert sich um die warmen Gerichte mit Fisch, Fleisch und Gemüse. „Je einfacher das Gericht, umso schwieriger die Umsetzung“, verrät Brienza. „Ein Haubengericht sieht meistens von sich aus schon sehr schön aus. Schwierig sind aber beispielsweise Gerichte wie Gulasch oder eine Leberkässemmel.“ 
Auch die gebürtige Kärntnerin Sabine Hasenauer ist Foodstylistin. Sie kam über Umwege zu diesem Beruf. „Eigentlich bin ich ausgebildete Übersetzerin für Englisch und Italienisch. Erst im Erwachsenen-Alter habe ich realisiert, dass ich meine Leidenschaft – das Kochen – auch zum Beruf machen will“, sagt sie. Eine Ausbildung für Food-Styling gibt es in Österreich nicht. „Man lernt durch die Erfahrung und bei jedem Job viel Neues dazu. Man muss aber natürlich das Kochen und den richtigen Umgang mit Lebensmitteln beherrschen“, so Hasenauer. Sie hat am zweiten Bildungsweg die Kochlehre nachgeholt und fing dann neben diversen Kochjobs an, mit einer Fotografin zu arbeiten. Danach absolvierte sie ein Praktikum in der Redaktion der Zeitschrift essen & trinken bei Gruner + Jahr in Hamburg. Nach und nach kamen immer mehr Aufträge und Stammkunden hinzu, sodass sie schließlich mit einem eigenen Unternehmen startete. Mittlerweile reichen ihre Kunden von Lebensmittelgroßhändlern, Limonadenherstellern und Eisproduzenten über Tankstellen-Betreiber, Fleisch- und Wurstwarenfirmen und Tourismusverbände bis hin zu Fastfood-Ketten. 
Das Schwierigste dabei sei, dass man den Aufwand des Jobs am Anfang noch nicht einschätzen könne und die Kalkulation entsprechend anpassen müsse, sagt Hasenauer. „Die allerwichtigste Eigenschaft ist Improvisationstalent, das braucht es fast bei jedem Auftrag. Und Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Kunden.“ Oft werden Produkte dann fotografiert, wenn dafür gerade keine Saison ist. Etwa Marillen und Kirschen im Dezember, Bärlauch oder Maroni im Juni. Hasenauer: „Dann heißt es eben auf die Suche gehen oder sich eine kreative Alternative zu überlegen, mit der der Auftraggeber zufrieden ist.“ Das Besondere an dem Beruf sei, dass jeder Auftrag anders ist, sagt sie. „Manchmal weiß ich im Vorhinein noch nicht, wie ich die erforderlichen Effekte erzielen kann. In diesem Fall probiere ich dann auch gerne mal etwas Neues aus, bis es perfekt klappt. Dann fühle ich mich wie Mac Gyver!“
Von Beate Binder
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