Aktionärskritik an Lufthansa – “Keine Strategie, kaum Service”

ITA-Übernahme stößt auf Skepsis
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Dem Management des AUA-Mutterkonzerns Lufthansa schlägt auf der virtuellen Hauptversammlung heuer viel Kritik von Aktionären entgegen. Die Premium-Marke Lufthansa sei durch Abwicklung ihrer Flüge durch die Töchter Eurowings und Eurowings Discover sowie externe Leasing-Airlines verwässert, der Konzern mit elf Flugbetrieben zu komplex, monierten die Fondsgesellschaften Deka Investment und Union Investment.

“Der Markendschungel verwirrt die Kunden und birgt erhebliche Reputationsrisiken”, sagte Deka-Nachhaltigkeitschef Ingo Speich laut Redetext am Dienstag. Konzernchef Carsten Spohr habe “keine klare Strategie”, kritisierte Henrik Pontzen, Leiter Nachhaltigkeit bei Union Investment. Eine Vereinfachung der komplexen Konzernstruktur sei nicht in Sicht. “Und es ist unklar, ob die Lufthansa sich nun als Billigflieger oder als Premium-Airline positionieren will.”

Beide Fondsgesellschaften sehen die geplante Übernahme der italienischen ITA Airways – sanierte Nachfolgerin der chronisch defizitären Alitalia – skeptisch. Ein Drehkreuz in Südeuropa sei zwar sinnvoll, eine Expansion im vom Billigflieger Ryanair dominierten inneritalienischen Markt aber nicht, sagte Speich. Es sei fraglich, warum Lufthansa an einen geschäftlichen Erfolg von ITA glaube, während frühere Eigentümer den Niedergang der Airline nicht hätten stoppen können. Die Steuerung des weiter wachsenden Konzerns werde deutlich schwieriger. “Wir glauben nicht, dass sich die Übernahme der defizitären italienischen ITA für die Aktionäre auszahlen wird”, warnte Pontzen. “Mehr Komplexität frisst Rendite.”

Mit einem Lufthansa-Anteil von 0,42 Prozent der Deka und noch weniger Anteilsscheinen bei Union können die institutionellen Investoren bei Abstimmungen wenig ausrichten. Doch sie sind ein Sprachrohr, ihre Kritik wird von etlichen Kleinaktionären geteilt. Sie beklagen einen Qualitätsabfall beim Produkt – von vielen Flugausfällen und -verspätungen vor allem im Chaossommer letzten Jahres bis hin zur Betreuung in der Lounge oder dem Essen an Bord.

“Aktuell ist die Airline in vielen Bereichen aus qualitativer Sicht enttäuschend”, monierte etwa Bernardo Loewenstein, Inhaber einer Reiseagentur, in den im Voraus veröffentlichten Redebeiträgen und Fragen. Schlechte Erreichbarkeit der Service-Hotlines, zu hohe Ticketpreise, technische Probleme bei Umbuchungen auf der Lufthansa-App oder langes Warten auf Erstattungen werden angeprangert.

Die Lufthansa gelobte in den Antworten Besserung durch mehr Personal, eine neue App, mehr Automatisierung und Self-Service oder die umfangreiche Erneuerung der Ausstattung in der Business Class in den kommenden Jahren. Premium-Qualität anzubieten liege in der DNA der Lufthansa Group, erklärte Spohr laut Redetext. Sein traditioneller Wunsch zum Abschluss der HV-Rede wirkt angesichts der vielen Beschwerden dringender denn je: “Bleiben Sie uns gewogen!”

APA/Red.

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